Wie Industrieunternehmen nachhaltig wirtschaften können: Die drei ESG-Dimensionen

Das Thema Nachhaltigkeit ist in jedem unserer modernen Lebensbereiche präsent. Aufgrund von jahrhundertelanger Ausbeutung natürlich vorkommender Ressourcen und der exzessiven Freisetzung von Treibhausgasen ist die Zukunft unseres Planeten akut bedroht. Es steht nicht zur Debatte, dass wir Menschen mehr Ressourcen verbrauchen, als uns auf dieser Erde zur Verfügung stehen und dass der vom Menschen verursachte Klimawandel nicht mehr aufzuhalten ist – im Gegenteil. Er ist bereits in vollem Gange. Sprechen wir in diesem Zusammenhang vom Thema Nachhaltigkeit – ob im wirtschaftlichen oder privaten Kontext – wird damit oftmals ausschließlich der Umweltschutz assoziiert. Folglich könnte man annehmen, dass international agierende Industrie- und Handelsunternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit die Hände gebunden sind. Eine Branche, in der weltweite Logistik- und Handelsprozesse und die Schnelligkeit von Lieferungen an erster Stelle stehen, stoßen Umweltschutz und CO2-Einsparung auf herausfordernde Grenzen. Betrachtet man das Thema Nachhaltigkeit jedoch in seiner Gesamtheit, stellt sich heraus, dass Unternehmen handlungsfähiger sind, als man vermuten könnte. Eine nachhaltige Unternehmenswirtschaft umfasst weit mehr als lediglich den Umweltschutz.

Tatsächlich geht man davon aus, dass eine nachhaltige Entwicklung nur durch die Berücksichtigung ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Aspekte stattfinden kann. Diese werden im Rahmen des sogenannten „Drei-Säulen-Modells der nachhaltigen Entwicklung“ zusammengefasst. Dieses gibt vor, dass es ein Gleichgewicht zwischen den drei Dimensionen herrschen muss und kein Aspekt alleinstehend betrachtet werden kann, wenn eine nachhaltige Entwicklung angestrebt wird. Außerdem nehmen die drei Säulen direkten Einfluss aufeinander. Das stellt einen großen Vorteil für Unternehmen dar, da sie dadurch deutlich mehr Handlungsspielraum haben, als viele Geschäftsmodelle auf den ersten Blick vermuten lassen. Das Drei-Säulen-Modell dient außerdem als Grundlage für die von der EU definierten „ESG-Richtlinien“ (ESG=Environmental, Social und Governance).

Rechtliche und normative Anforderungen, wie beispielsweise ein jährliches ESG-Reporting, bei dem die Nachhaltigkeitsbemühungen offengelegt werden, ist ab 250 Mitarbeitenden und mehr als 40 Millionen Euro Nettoerlös verpflichtend für jedes Unternehmen. Außerdem zählen die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit zu den zehn Prinzipien des UN Global Compact, die wir in einem weiteren Beitrag thematisieren werden.

Im Folgenden stellen wir die ESG-Dimensionen genauer vor und erläutern, wie auf dessen Basis in Handelsunternehmen ehrliche und authentische Nachhaltigkeitsstrategien implementiert werden können.

Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit

  1. Ökologische Dimension

Die ökologische Dimension bezieht sich auf den Aspekt der Nachhaltigkeit, der sich mit dem Schutz und der Erhaltung der natürlichen Umwelt und ihrer Ressourcen befasst. Hier liegt der Fokus auf den Wechselwirkungen zwischen menschlichen Aktivitäten und der Umwelt und vor allem darauf, wie diese Aktivitäten in Einklang mit den ökologischen Systemen und Prozessen gebracht werden können, um die langfristige Gesundheit und Integrität des Planeten zu gewährleisten. Das bedeutet, dass im Idealfall nicht mehr natürliche Ressourcen (z.B. Wasser, Sauerstoff und Rohstoffe) verbraucht werden, als sich regenerieren können. In der Folge ist es essenziell, die negativen Umweltauswirkungen von Unternehmen so gering wie möglich zu halten, indem beispielsweise umweltverschmutzende Substanzen durch biologisch abbaubare Materialien ersetzt oder der Einsatz von Rohstoffen reduziert wird. Für die Durchsetzung ökologisch verträglicher Unternehmensaktivitäten sollte der Blick daher auf Themen wie Ressourcenverbrauch, Treibhausgasemissionen, Abfallmanagement, erneuerbare Energien und Biodiversität gerichtet werden. Den direkten Zusammenhang mit den anderen beiden Dimensionen kann man sich im Unternehmen folgendermaßen vorstellen: Die ökologische Dimension legt den Fokus auf die Umweltverträglichkeit von Produkten und Prozessen, die soziale kümmert sich um das Wohlbefinden der Menschen im Unternehmen und die ökonomische ist für die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens zuständig. So sind alle drei Dimensionen gleichermaßen voneinander abhängig.

  1. Soziale Dimension

Weit weniger bekannt als die ökologische Dimension ist die soziale Dimension der Nachhaltigkeit. Soziale Nachhaltigkeit bezieht sich per Definition auf die Fähigkeit einer Gesellschaft oder einer Gemeinschaft, die Bedürfnisse und Rechte der Menschen in der Gegenwart zu erfüllen, ohne dabei die Chancen und Ressourcen für zukünftige Generationen zu gefährden. Es geht dabei um soziale Gerechtigkeit, Fairness und den Schutz der Menschenrechte. Es geht darum, eine inklusive Gesellschaft zu schaffen, in der niemand ausgegrenzt oder benachteiligt wird. Für Sie als Unternehmerin oder Unternehmer bedeutet das konkret, dass Sie sich zum Beispiel darum bemühen, Chancengleichheit unter Ihren Mitarbeitenden zu fördern und eine vielfältige Unternehmenskultur sowie faire Arbeitsbedingungen zu schaffen. Auch bei der Auswahl Ihrer Lieferanten sollten Sie darauf achten, dass nachhaltige Lieferketten eingehalten werden und faire Arbeitsbedingungen unter den Mitarbeitenden herrschen. Um das herauszufinden, können Sie beispielsweise deren Nachhaltigkeitsberichte oder den Code of Conduct anfragen. Darüber hinaus zählt zur sozialen Nachhaltigkeit auch das Recht auf freie berufliche und persönliche Entfaltung und Angebote zur beruflichen Aus- und Weiterbildung. Indem Sie sozial nachhaltige Unternehmensentscheidungen treffen, profitieren Sie im Gegenzug idealerweise von einer hohen Produktivität und Zufriedenheit sowie einer geringen Fluktuation Ihrer Mitarbeitenden.

  1. Ökonomische Dimension

Die ökonomische Dimension von Nachhaltigkeit bezieht sich auf den wirtschaftlichen Aspekt der Nachhaltigkeit, der darauf abzielt, langfristigen wirtschaftlichen Erfolg und Wohlstand zu gewährleisten, ohne die bestehenden Ressourcen und Systeme zu erschöpfen. Diese Dimension zielt darauf ab, ökonomisches Handeln so zu gestalten, dass es sowohl ökologisch verträglich und sozial gerecht als auch wirtschaftlich rentabel ist. Unternehmen leisten einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag, indem sie Arbeitsplätze schaffen, in die Berufsausbildung junger Menschen investieren, Steuern zahlen und Konsumenten (B2C) oder anderen Unternehmen (B2B) mit essenziellen Produkten und Dienstleistungen versorgen. Der langfristige wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen ist also Motor gesellschaftlicher und gesamtwirtschaftlicher Entwicklung. Ökonomische Nachhaltigkeit ist daher ein Balanceakt – zwischen nachhaltig wirtschaftlich und wirtschaftlich nachhaltig.

Ökonomisch nachhaltig ist für Unternehmen beispielsweise ein effektives Innovationsmanagement, in dem Entwicklungen und Lösungen stets auf Basis ihrer ökologischen, sozialen und ökonomischen Implikationen bewertet werden. Ein anderes Beispiel ist die Entwicklung eines effektiven Energie- und Umweltmanagementsystems, durch das nicht nur Ressourcen eingespart werden können, sondern auch Kosten minimiert werden. Ökonomisch nachhaltig sind also die Unternehmensaktivitäten, die den langfristigen Erfolg eines Unternehmens sichern und dabei die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft minimieren.